Die Rollei35 – klein, aber oho!
Schon beim ersten Kontakt mit meiner Rollei 35SE kam ich ins Schwärmen. Die Kamera ist sehr klein, sehr handlich und fühlt sich mit seinem beachtlichen Gewicht sehr wertig an.
Die Kompaktkamera ist nicht viel grösser als die eingelegte Filmkassette und ist wahrlich eine technische Meisterleistung der Fotografie. Sie bietet im Inneren ein 35mm-Full-Frame-Format.
Die Bequemlichkeit der zierlichen und leicht zu tragenden Kamera bringt jedoch einige Nachteile mit sich, die vor allem eine gewisse Fingergymnastik erfordern.
Die Kamera war und ist bei sehr vielen Fotografen sehr beliebt – bis in die luxuriöseren Gesellschaftsschichten. Das liegt nicht nur an ihrer Grösse, die fotografischen Ergebnisse spielen dabei auch eine grosse Rolle. Die Bilder überzeugten so viele Menschen, dass sie zum Synonym für den Begriff „Kompaktkamera“ wurde. Und diese Popularität wurde mit der Einführung von verschiedenen Rollei 35 Modellen sicherlich noch verstärkt.
Die Rollei 35 sieht mit den Einstellrädern auf der Vorderseite sehr hübsch aus, in schwarzer oder verchromten Version, und mit einem Objektiv, das sich bei Nichtgebrauch einfahren lässt. Die Kamera schreit förmlich danach im Alltag mitgenommen und benutzt zu werden.
Dieses einzigartige Aussehen führt zu einer eigenen Anhängerschaft, welche diese Kamera als Trendgerät erkannt haben. Leider hat dies auch dazu geführt, dass die Preise in die Höhe getrieben wurden – so dass viele potenzielle Käufer wirklich sicher sein müssen, dass sie eine haben wollen.
Diese Beliebtheit ist bis in den 2020er Jahren zu spüren. Tatsächlich hat sich ein moderneres Unternehmen namens MiNT Camera derzeit eine Kamera in der Entwicklung, welche auf die Rollei 35 basiert – aber mit aktueller Technologie wie Autofokus versehen ist.
Ich habe eine Rollei 35SE vor ein paar Jahren geerbt, die ein paar Dellen und Defizite aufweist. So funktioniert mein Belichtungsmesser nicht, und die Einstellrädern sind noch etwas harzig. Dennoch verspüre ich immer wieder die Lust, die Rollei 35SE vermehrt im meinem Alltag einzubauen und analoge Bilder damit zu komponieren.
„Die kleinste Kleinbildkamera der Welt“: Technische Spezifikationen
Zur Zeit der ersten Vorstellung der Rollei 35 im Jahr 1966 war die neue Kamera die kleinste Kleinbildkamera der Welt: Die „Hemdentaschekamera“ aus Deutschland liegt dank seinen Massen von 9,7 cm (Breite) × 6 cm (Höhe) × 3,2 cm (Tiefe) gut in der Hand.
Dank seinem kleinen Gewicht von gerade mal 375 Gramm, ist die Kompaktkamera ein idealer Begleiter für den Alltag, sei es für schöne Reisefotos oder auf der Suche nach Motiven in der Streetfotografie.
Die Rollei 35 ist bis heute eine der kleinsten vollmechanische Kamera für 35-mm-Filmpatronen. Das versenkbare, nicht-wechselbare Objektiv mit einer 40mm Brennweite war in dieser Zeit ein richtiges Novum, da dieses vom üblichen Standard mit 50mm Brennweiten bemerkenswert abwich. Es war ein erster Schritt in Richtung Weitwinkel-Perspektive; eine neue Ära in der Welt der Kompaktkameras.
Alle verschiedene Modelle der Rollei 35 mit Tessar & Sonnar Objektiven besitzen Verschlusszeiten zwischen 1/2 bis 1/500 Sekunde.
Alle Modelle mit Triotar Objektive haben jedoch Verschlusszeiten zwischen 1/30 bis 1/500 Sekunde.
Doch Achtung: Aufgrund des rein mechanischen Verschluss, können speziell die längeren Verschlusszeiten von 1/8 bis 1/2 Sekunden mit der Zeit ziemlich ungenau werden.
Sowohl die Verschlusszeit wie auch die Blendeöffnung (je nach Modell f 2.8 / f 3 – f 22) sind über schicke Drehräder an der Kameravorderseite einzustellen. Ebenso wird hier die ISO-Empfindlichkeit des Filmes angegeben, sowie der eingelegt Filmtyp (Color, Negativ, Color Negativ oder Blitz).
Die Rollei 35 besitzt – im Vergleich zu den späteren Kameras wie Olympus LT-1 – noch keinen Autofokus. Die Arbeit des Fokussieren findet über einen Zonenfokus statt, sprich der Fotograf muss die effektive Entfernung zwischen Kamera und Objekt abschätzen. Diese Zahl – in Meter oder Feets – wird dann am vordersten Ring am Objektiv eingestellt.
Von Rollei 35 bis zur Rollei 35 LED: Übersicht über alle Modelle
Die Geschichte der Rollei 35 ist eine eigene Geschichte. 1960 schlug der Wirgin-Ingenieur Heinz Waaske vor, dass die Kunden eine kleinere Kamera wollten. Er stellte die Theorie auf, dass der Markt für Halbformat- und 16-mm-Kameras eher von dieser Anforderung als von der Filmwirtschaft angetrieben wurde. Er ging davon aus, dass es die Kunden begeistern und sich sehr gut verkaufen würde, wenn es möglich wäre, mit einer ebenso kleinen Kamera ein volles 35-mm-Bild zu erzielen.
Ab den 1960er bis in die 1980er wurden diverse verschiedene Modelle hergestellt, mit entsprechend unterschiedlichen Ausstattungen:
Rollei 35 (Urmodell)
- Baujahr: 1967 – 1974
- Objektiv: Tessar f/3.5, 40mm
Rollei 35S
- Baujahr: ab 1971
- Objektiv: Sonnar f/2.8, 40mm
Rollei 35 T
- Baujahr: ab 1974 bis 1980
- Objektiv: Tessar f/3.5, 40mm
Rollei 35 T
- Baujahr: ab 1974 bis 1980
- Objektiv: Tessar f/3.5, 40mm
Rollei B 35 & C 35
- Baujahr: ab 1969 bis 1978
- Objektiv: Triotar f/3.5, 40mm
- Einsteigermodell
- Belichtungsmesser mit Selenzelle (B 35)
Rollei 35 TE / SE
- Baujahr: ab 1979 bis 1981
- Objektiv: Tessar resp. Sonnar f/3.5, 40mm
- Belichtungsmessung mit LED-Anzeige im Sucher
- Batteriefach von aussen zugänglich
Rollei 35 LED
- Baujahr: ab 1978 bis 1980
- Objektiv: Triotar f/3.5, 40mm
- Belichtungsmesser mit Siliziumzelle, Anzeige mit LED-Lichter
Rollei 35AF
- Baujahr: 2024/25
- Objektiv: 35mm
- Autofokus, OLED-Display
- ab Oktober 2024 erhältlich; rolleishop.ch
Die ersten Erfahrungen mit meiner Rollei 35SE
Nachdem ich den Film eingelegt hatte, begann ich, die Kamera im Gebrauch zu schätzen:
Das Kameradesign gefällt nicht nur mir; ich werde auf der Strasse regelmässig darauf angesprochen. Der Look dieser alten Kamera mit den Einstellungsrädern auf der Vorderseite ist einzigartig, die Kompaktheit weiss zu gefallen, das Scharnier für das Objektiv führt zu einigen Rückfragen. Auch bei der Nutzung weiss die Kamera zu Gefallen: Der Sucher ist schön, gross und klar. Das Klickgeräusch ist angenehm altmodisch, der Hebel zum Filmspulen angenehm leicht zu hantieren.
Das Einlegen des Filmes in der ausziehbaren Filmkassette braucht am Anfang sicher etwas Übung – es kam bei mir sogar vor, dass ich so einen Film gerissen habe. Auch das Hantieren mit den Einstellungsrädern für die Blende, Belichtungszeit oder Lichtempfindlichkeit des Films ist gerade am Anfang nicht ganz ohne. Doch dass man die Einstellungen auf den Rädern sowie auf dem Fokusring sehen kann, wenn man nach unten schaut, vereinfacht die Sache erheblich.
Aber gehören solche Tücken beim Verwenden einer „neuen“ Kamera nicht einfach dazu? Zudem habe ich dank der digitalen Point-and-Shoot-Kamera Ricoh GRIII schon etwas Übung mit dem Zonenfokus resp. „Hyperfokaldistanz“ – ein ideales Wissen, zur manuellen Schärfenstellung in der Streetfotografie.
Rollei 35 SE – eine Kurzanleitung
Wie bereits angetönt, habe ich nach einem Todesfall in der Familie eine Rollei 35 SE geerbt. Daher bezieht sich folgende Kurzanleitung auf dieses Modell.
Die allermeisten Modelle sind nach sehr ähnlichem Prinzip aufgebaut, so dass diese Bedienungsanleitung praktisch allgemein gültig ist:
Einschalten: Objektivmechanik
- Das Objektiv bis zum Anschlag herausziehen
- An der Fassung im Uhrzeigersinn bis zu einem einrastenden Click drehen
- Fokus zwischen 1 m und unendlich einstellen
Um das Objektiv zurück zu versenken (Kamera ausschalten):
- Entriegelungsknopf, der kleine Knopfen oben Links neben dem Objektiv, nach unten ziehen (Achtung: Dies geht nur bei gespanntem Verschluss!)
- An der Fassung im Gegenuhrzeigersinn drehen
- Objektiv versenken
Film einlegen
Rückwand öffnen:
- Auf Unterseite der Kamera den Entriegelungsriegel (neben Bildzählwerk) aufschieben
- Rückwand nach unten abziehen
Film (35 mm) einlegen:
- Filmandruckplatte herunterklappen
- Filmpatrone rechts einlegen
- Filmanfang in Auffangsspule einhängen
- Filmandruckplatte wieder zurück klappen
Rückwand wieder schliessen & abriegeln. Dann solange Auslösen & Aufziehen bis das Bildzählwerk an der Kameraunterseite auf „1“ steht.
Film zurückspulen
Ist man durch mit seinem Film (meist nach 24 oder 36 Fotos), muss der Film manuell zrückgespult werden:
- Vor dem Spulen den Rückspulhebel (gleich beim Verschluss) in die Positon R nach oben umstellen.
- Die Rückspulkurbel befindet sich auf der Kameraunterseite, neben dem Bildzählwerk
- Im Uhrzeigersinn drehen & so Film zurückspulen, bis der Widerstand deutlich schwächer wird
- Rückwand öffnen & Film rausnehmen
Filmempfindlichkeit einstellen
In Rollei 25 können Filme mit ISO-Werten zwischen 25 und 1600 eingelegt werden. Diese Filmempfindlichkeit wird manuell „auf“ dem Einstellrad für die Blende eingestellt: Der ASA-Pfeil entspricht dem ISO-Wert.
Blendeneinstellung & Verschlusszeiten
Sowohl die für die Blende wie auch für die Verschlusszeiten werden die Einstellungen am entsprechenden Rad vorgenommen.
- Blende zwischen f 2.8 (offene Blende) und f 22 (geschlossene Blende) einstellen
- Verschlusszeit zwischen B (Bulb-Funktion) resp. 1/2 und 1/500 Sekunde einstellen
Wer (so wie ich) zu Beginn nur minime Ahnung hat, bei welchen Lichtverhältnisse welche benötigten Blende- & Verschlusszeiteneinstellungen nötig sind, dem empfehle ich auf sein Smartphone einen Lichtmesser zu installieren. Eine gute Android-App dafür ist zum Beispiel „OKO Light Meter„.
Was ist Deine Meinung zur Rollei 35 ?
Besitzt Du ebenfalls eine Rollei 35 ? Oder hast Du grosse Erfahrung in der analogen Fotografie ? Ich freue mich auf Deine Meinung zu diesem Thema in den Kommentare!
Bist Du eher digital unterwegs, möchtest aber auch eine kleine handliche Kamera erwerben? Hier geht es zum Review zur Ricoh GR III: Minimalistische Point-and-Shoot Kamera für den grossen Fotospass
5 Antworten
Hallo,
ich habe eine Rollei 35 TE geerbt und würde diese gerne wieder in Betrieb nehmen. Leider habe ich bisher nicht herausfinden können wie genau man die Batterie einlegt. Ich habe die PX27G besorgt, da sie in vielen Foren empfohlen wurde. Können Sie mir erklären wie ich das Batteriefach öffne?
Über eine Antwort wäre ich ihnen sehr dankbar!
Viele Grüße,
Leonie
Bei der Rollei 35 TE befindet sich das Batteriefach oben auf der Kamera. Man kann sie durch den kleinen silbernen Schiebeknopf auf der Rückseite der Kamera öffnen, es springt praktisch nach oben auf. Eventuell muss man beim Einlegen etwas ruckeln, Batterie rein ins Fach, wieder einstecken, zudrücken und fertig.
Meine Meinung zu der Kamera ist:
Solange ich keine Bilder habe, habe ich absolut keine Ahnung von der Kamera.
Da ich aber Bilder und Erfahrung mit dem billigeren Exemplar der Rollei35B habe kann ich folgendes sagen.
Solange sie funktionieren, man weiss auf was man bei der Bedienung zu achten hat und man versteht wie damit gute Bilder zu machen sind werden diese hervorragend – für damalige Verhältnisse. Das reicht auch heute vollkommen aus, wenn man die Bilder nicht pixelpuuubsmässig mit digitalen kameras vergleicht – was bei Film vs. Digital eh vergebene Lebenszeit ist (Kokosnüsse vs. Footballs).
Das Rollei35B exemplar das ich und mein Vater in den Händen hatten litt unter Filmverriss. Das heisst man konnte den Film penibel und perfekt einlegen oder liderlich, jeden xten Film hat es verklemmt und verrissen, was natürlich die Situation für nachfolgende nicht besser gemacht, da damals warscheinlich auch Schnipsel in der Mechanik verblieben sind. Ein Problem dass schön öfter vorkam bei den kleinen B und LED modellen (LED hatte ich auch mal, ging sofort los mit dem Problem).
Ich habe mir daher zuletzt eine Olympus 35RC zugelegt, ebenso klein, ebenso tolle Bildqualität, weniger german-queernigineering, dafür moderner in der Film befüllung und zuverlässiger im Transport. Obendrein mit Geistersucher zum Scharfstellen, was die Rollei35 mit Ihrem einachen Sucher nicht bieten kann.
Dazwischen hatte ich eine Minox 35ML – die besten Bilder, ähnlich in der Bedienung wie die Rollei, allerdings ist der labile Verschluss schnell aus der Verankerung wenn sie nicht konsequent soft behandelt. Nix da mit in der LederAktentasche drin und auf den Beifahrer sitz lupfen – Mach das 3-5x und die Kamera muss in die Werkstatt.
Meine jetzige kompakte macht diesbezüglich keine Sorgen mehr, ist grösser und schwerer, aber auch unkaputtbarer – Leica IIIF. Modern ist allerdings ander, auch aus dem Blickwinkel der 50er. ;-)
Ich liebe die Rollei35 immer noch, aber zum ernsthaften Fotografieren würde ich sie nicht mehr nutzen, eher als Erinnerungsgimmick – nice2have.
Grüsse, und viel Spass.
Hallo Carlos. Vielen lieben Dank für deinen ausführlichen Kommentar! :-)
In der Tat, das Filmeinlegen ist bei der Rollei 35 nicht immer ganz unproblematisch – aber zum Glück hatte ich noch keinen einzigen Filmriss zu verzeichnen. Ist wohl ziemlich von der Kamera abhängig, schätze ich mal.
Klar, mein Rollei35 nutze ich auch nur zum Fun und keineswegs zum ernsthaften Fotografieren; die Kamera ist für mich primär ein Erbstück mit schönen Erinnerungen an ein verstorbenes Familienmitglied. Ich hatte einfach mit dieser Pandemie genügend Zeit, mich mit diesem Teil der Fotogeschichte auseinander zu setzen und mit der Rollei35 herum zu spielen.
Ich wünsche Dir ebenso noch viel Spass beim Fotografieren, sei es mit der Rollei35, mit der Olympus 35RC oder eben doch einfach „nur“ digital mit deiner Leich IIIF! :-)
Liebe Grüsse
Marc
Ich habe zwei Rollei 35, die mit dem Tessar Made in Germany und die 2. mit dem Sonnar aus Singapur. Ich habe in den Analogzeiten die Beiden geliebt, obwohl ich noch 4 Canon Gehäuse mit ein paar Objektiven hatte und noch habe. 😉