Island – das Land der Wasserfälle
Wasser gibt es in Island im Überfluss. Und entsprechend gibt es hier Hunderte, wenn nicht sogar Tausende von Wasserfälle. Dies ist ein Resultat der Kombination von grossflächigen Gletscher, dem wechselhaften Klima mit viel Niederschlag sowie den topografische Gegebenheiten.
Auf der Insel gibt es sowohl meterhohe Wasserfälle, die eine eindrücklich wuchtige Wand aus Wasser bilden. Es gibt kleinere, schon fast niedliche Wasserfälle. Es gibt solche, die aus verschiedenen einzelnen Fälle bestehen. Dann gibt es auch unscheinbare, die nicht mal einen eigenen Namen tragen. Es gibt Wasserfälle, bei denen man fast jeden einzelne Wassertropfen herabfallen sieht. Es gibt aber auch solche, bei denen man vor lauter Wasserdampf den Aufprallort gar nicht erkennen kann. Es gibt weltbekannte und riesige Wasserfälle, die wahre Touristenmagnete sind.
Ja, die Vielfalt der Wasserfälle in Island ist immens. Und jeder einzelne finde ich irgendwie inspirierend. Die einen sind etwas mehr fotogen als die anderen. Doch alle sind auf ihrer Art beruhigend. Ich könnte jeweils stundenlang dem Wasserverlauf zuschauen. Eine Auswahl von 10 konkreten Beispielen zu treffen fiel mir nicht ganz leicht. Daher hat auch die Anordnung in der Aufzählung keine wertende Bedeutung.
Auf Wikipedia findet man übrigens eine schöne Liste der Wasserfälle von Island…
1. Flögufoss
Unweit von der Ring Road Strasse, im östlichen Teil von Island, liegt ein ziemlich breites Tal namens Breiðdalur. Ein saftiges Grün prägt die Landschaft, sogar bei starkregnerischen und grauen Wetterbedingungen. Und irgendwo hier, in dieser geologisch spannenden Umgebung, fällt der Flögufoss herab. Ein ziemlich unscheinbarer Wasserfall.
Wenn man nicht genau weiss wo er ist, würde man ihn wohl nicht finden. Ok, gefunden haben wir ihn (mit etwas Glück) ziemlich auf Anhieb – aber dann ohne genau zu wissen, wie wir nun zu ihm gelangen.
Da wir den eigentlichen Parkplatz beim Start des Wanderweges verpasst haben, entschlossen wir uns das Auto einfach am Strassenrand abzustellen und querfeldein los zu marschieren. Grundsätzlich eine witzige, aber im Nachhinein mässig schlaue Idee: Durch sumpfige Felder zu wandern, bei strömendem Regen, ist in den meisten Fällen mit nassen Füssen verbunden.
Nach dem Bewältigen von drei kleineren Hügeln, einem kurzen Smalltalk mit vier Schafen und definitiv durchnässten Kleidern sind wir dann doch mal am Fuss des 60 Meter hohen Flügofoss angekommen. Irgendwie fühlen wir uns hier ein bisschen alleine, ziemlich abgeschieden in der grünen Landschaft von Island. Alleine, mit den paar hundert Liter Wasser, die vom Berg herunterfallen und so ein ziemlich lautes Rauschen veranlassen.
Ja, im Nachhinein finde ich nicht unbedingt den Wasserfall so faszinierend, sondern seine Umgebung. Es lohnt sich, nasse Füsse zu bekommen (und zum dritten Mal an diesem Tag frische Socken anzuziehen).
2. Seljalandsfoss
Nach einem langen Tag im Süden, voller schönen Erlebnissen und unterschiedlichsten Landschaften zwischen Steinwüsten und Eisschollen, machten wir uns langsam aber sicher auf die Suche nach einem schönen Camping-Platz. Diesmal soll unser idealer Schlafplatz – im Gegensatz zum letzten Zeltplatz in Vik – auch eine Dusche mit Warmwasser sowie einen gemütlichen Aufenthaltsraum mit Küchenutensilien anbieten.
Nach Konsultieren der Strassenkarte ging es in Richtung einer Siedlung namens Hvolsvöllur, mit einem Halt zu einem Trio von Wasserfälle namens Gljúfrabúi, Sel und Seljalandsfoss. Und siehe da: Ein kleiner, aber sehr charmanter Campingplatz mit der gewünschten Infrastruktur liegt gleich am Fuss des Gljúfrabúi Wasserfalls. Mit dem Wasserrauschen im Ohr einzuschlafen – was will man mehr?
Dieser Tag ist auch wetterhaft ziemlich perfekt. Den ganzen Tag Sonnenschein, hellblauer Himmel und kein einziger Regentropfen. So geht es zum Abendspaziergang, kurz vor dem Zelt aufstellen, noch auf eine kleine spontane Fototour zum Seljalandsfoss.
Ähnlich wie beim Schweizer Staubbachfall im Lauterbrunnental können die Besucher des Seljalandsfoss hinter den Wasserfall spazieren. Eine Regenjacke und -hosen wäre dabei von grossem Vorteil, dies sei euch so als Tipp mitgegeben.
Zu späteren Tagesstunde, schön mit der Abendsonne im Gesicht, gibt es am Seljalandsfoss einerseits weniger Touristen (die tagsüber carweise anströmen). Anderseits wirken die Farben des 66 Meter hohen Wasserfalls, der umliegenden Felsformationen und Vegetation speziell intensiv – und vermittelt einen magischen Moment, den ich nicht so schnell wieder vergessen werde.
3. Goðafoss
Der Goðafoss iegt im Nordosten von Island, praktisch auf der Ringstrasse der Insel. Unweit vom Myvatn, einem grösseren See mit tausend Mücken. Verpassen kann man diesen Wasserfall kaum. Auch schon nur wegen dem überfüllten Parkplatz: Der Goðafoss ist einer der bekanntesten Wasserfälle des Landes.
Der Goðafoss. Der Sage nach, soll hier der Gesetzessprecher nach Übernahme des Christentums als Staatsreligion die letzten heidnischen Götterbilder in den Wasserfall geworfen haben. Daher auch der Name: Der Wasserfall der Götter. Aber auch sonst kommt der Goðafoss in anderen mytischen Geschichten der nordischen Mythologie vor. Kein Wunder, bei dieser dramaturgischen Kulisse.
Der Goðafoss ist definitiv einer der eindrücklicheren Wasserfälle. Der Fluss hat auf der Höhe des Wasserfalls eine Breite von fast 160 Meter, die von drei Felsen unterbrochen wird. Ok, mit seinen 11 Meter Höhe ist der Götterwasserfall vielleicht nicht der Höchste von Island, aber ich habe bis dahin selten eine solche Wassermenge gleichzeitig fallen sehen. Und Flüsse, die vor ihrem Fall in den Abgrund noch eine Kurve hinlegen, mag ich seit meiner Island Reise sowieso gern.
Übrigens: Hier sind noch 13 To Do Tipps für Reykjavik, die nördlichste Hauptstadt der Welt
4. Bruarfoss
Wer wegen Zeitmangel nur einen raschen Eindruck von Island gewinnen will, der wird bestimmt von Reykjavik aus die Golden Circle Tour machen – oder zumindest Teile davon. Bei dieser Tour besucht man einige typische Sehenswürdigkeiten von Island, wie zum Beispiel der Geysir, der Nationalpark Thingvellir und ein paar Wasserfälle.
Obwohl der Bruarfoss auch in dieser Region der Insel liegt, wird dieser von den Touristen weniger besucht. Das liegt einerseits an der fehlenden Grösse des Wasserfalls (insbesondere im direkten Vergleich zum Gullfoss oder Skogafoss). Anderseits ist auch der Weg zum Bruarfoss nicht mehr der einfachste, da die angrenzende Wohnsiedlung die Zufahrtsstrasse privatisiert hat und man nun rund 3 Kilometer nun zu Fuss auf sich nehmen muss.
Auch wenn ich die einzelnen Wasserfälle von Island nicht wirklich bewerten mag, muss ich sagen, dass der Bruarfoss vielleicht mein Liebling der Serie ist.
Wir besuchen den Bruarfoss an einem Vormittag und sind so für eine Weile ganz alleine in dieser bezaubernden Natur.
Ok, der Bruarfoss ist sicherlich nicht der grösste Wasserfall. Mag sein, dass er ist im direkten Vergleich zu den ganz grossen sogar ein ganz kleiner ist. Doch ich mag seine Abgeschiedenheit, in Mitten einer grünen und eher öden Landschaft. Und besonders mag ich sein Farbspiel, mit den dunklen Blautönen und dem hellen Türkisgrün.
5. Dettifoss
Im Nordosten von Island liegt vielleicht der mächtigste Wasserfall von Island und einer der grössten von Europa – der Dettifoss. Er liegt ebenfalls gleich an der Ringstrasse – verpassen ist praktisch unmöglich. Die Gischt ist schon von weitem sichtbar, die Geräuschkulisse schon von weitem hörbar.
Eine richtige Naturgewalt erwartet uns da. Wortwörtlich heisst der Dettifoss „der stürzende Wasserfall“. Und glaubt mir, er macht seinem Namen alle Ehre.
Sein Fluss, etwa 100 Meter breit, verläuft sehr unruhig und ziemlich wild. Und das Bizarre: Der Wasserfall stürzt sich nach einer leichten Kurve, sozusagen schräg, ins nirgendwo – der Aufprall des Wassers ist schlichtweg nicht zu erkennen. Und je näher man sich der Abbruchkante zu bewegt, umso eindrücklicher wird das Schauspiel. Insbesondere an diesem regnerischen Tag fühlt es sich sehr speziell an: Wir wissen nicht mehr, ob wir mehr vom Niederschlag oder vom Wasserfall nass wurden.
6. Selfoss
Der Selfoss befindet sich nur ein paar hundert Meter vom Dettifoss flussaufwärts entfernt – und doch könnte man meinen, liegen da Welten dazwischen. Der Selfoss ist weniger bekannt, wird deutlich weniger besucht – und doch lohnt es sich beim „Hüttenwasserfall“ vorbeizuschauen.
Schon klar:
Im direkten Vergleich zum Dettifoss wirkt dieser Wasserfall klein und harmlos. Das Wasser fällt scheinbar ruhig, elegant und geschmeidig über die Klippen. Die ganze Szenerie wirkt künstlich gemalen, schon fast für ihre Besucher hergestellt. Die grosse Schlucht, in die sich die Wassermassen ergiessen, verläuft haarnadelförmig. So bekommt man das Gefühl, bei jedem Schritt dem ganzen Spektakel noch einen Schritt näher kommen zu kommen – bis man die Füsse im Wasser hat.
Noch ein geografischer Hinweis: Vorsicht vor Verwechslungsgefahr!
„Selfoss“ ist sowohl der Name des Wasserfalls, wie auch einer kleineren Stadt im Südwesten von Island….in der nette Cafés zu finden sind. Aber dazu vielleicht ein andermal.
7. Gullfoss
Auch der „goldene Wasserfall“, der Gullfoss, liegt auf der touristischen Route des Golden Circles – und auch dieser Wasserfall ist tendentiell von Besuchern überlaufen.
Seinem Namen wird er besonders in den späteren Stunden gerecht, wenn das Wasser in der Abendsonne leicht goldig schimmert. Zusätzlich sind hier regelmässig Regenbögen zu beobachten, wenn die Sonne durch die Wassertropfen der Gischt scheint.
Trotz den vielen Touristen, die irgendwie eine chaotische und hetzende Atmosphäre ins ganze reinbringen, bin ich vom Gullfoss bezaubert: Ein ziemlich breiter Flussverlauf wird in zwei nacheinander folgende Wasserfälle unterbrochen. Der erste Fall ist etwa 11 Meter hoch; der zweite dann gut doppelt so hoch. Die Wassermasse stürzt sich da in die Tiefe, so das man den Aufprall kaum erkennen kann.
PS: Ja, auch hier sind wasserfeste Kleider Pflicht. Aber diesmal habe ich aus den vorherigen Erfahrungen gelernt….
8. Þjófafoss
Ein Wasserfall, der wie der Bruarfoss eher abgelegen liegt und daher weniger auf dem Radar der Touristen ist, ist der „Wasserfall der Diebe“. Bereits die Anfahrt zum Þjófafoss ist ein bisschen abenteuerlich: Die Schotterpiste aus schwarzem Sand und Lavasteinen ist ziemlich heimtückisch – aber zum Glück sind wir mit einem 4×4 Fahrzeug unterwegs.
Der Legende nach, sollen im Þjófafoss die Diebe für ihre Verbrechen ertränkt worden sein – daher sein Name. Wenn ich es mir so überlege: Es gäbe schlimmere Orte um zu sterben, wie ich finde.
Wir haben den Wasserfall auf jeden Fall für uns alleine. Ein fotogenes Bild, so ein Wasserfall mit dem Berg Burfell im Hintergrund, und die pechschwarzen Vulkangesteine im Vordergrund. Bei unserem Besuch war das Wasser milchig, leicht grünlich. Andere Blogger schwärmen von den verschiedenen Blautönen des Flusses.
Ok, ich gebe es zu, ich stehe eher auf kleinere, aber umso feinere Wasserfälle. Der Þjófafoss ist sicher so einer.
9. Svartifoss
Am Fuss des grössten Gletscher des Landes namens Vatnajökull, im Südosten von Island, liegt der schöne Nationalpark Skaftafell. Ein idealer Ort um zu spazieren, flanieren und als Startpunkt für allfällige Wanderungen. Hier gibt es übrigens auch ein Campingplatz, auf dem wir jedoch nicht übernachtet haben.
In diesem Nationalpark liegt auch der Wasserfall Svartifoss, zu Deutsch der „schwarze Wasserfall“. Der Fluss stürzt über eine Felskante, 25 Meter hoch, gehört für mich somit in die Kategorie der klassischen, einfachen Wasserfälle. Schon viel spezieller ist die Umgebung des Wasserfalls: Sein Name trägt er von den umgebenen Säulen aus schwarzem Basaltgestein. Diese schwarze Säulen sehen aus wie dichte Orgelpfeifen, die von den Trolls so schön gleichmässig aufgestellt wurden. Es würde hier aber auch niemanden erstaunen, wenn es tatsächlich so wäre.
10. Skogafoss
Der Skogafoss. Ein idealer sowie inspirierender Ort für eine kurze Kaffeepause. Der rund 60 Meter hohe Wasserfall bildet eine eindrückliche Wand. Der Aufprall ist so heftig, das die Wasserwolke der Gischt so dicht ist, wie bei keinem anderen Wasserfall. Wäre das Wetter sonnig, gäbe es hier ein perfekter Regenbogen.
Auch der Skogafoss ist eine sehr beliebte Attraktion von Island. Viele Touristen kommen hierher mit dem Zelt – oder machen einfach mit dem Gaskocher vor dem Wasserfall einen Kaffee….
Dank einer Treppe können die 60 Höhenmeter ziemlich einfach erklommen werden. Ok, das Treppenlaufen ist anstrengender als es auf den ersten Blick aussieht. Doch die Mühe lohnt sich gleich doppelt: Der Blick über den Wasserfall von oben ist doch auch ziemlich eindrücklich. Zudem führt von der Plattform aus ein kleiner Pfad flussaufwärts – der Weg zum landschaftlichen Paradies. Spontan spazieren wir dem wilden Fluss entlang und geniessen die einmalige grüne Landschaft.
Dein wässeriger Input ist gefragt…
Wie bereits gesagt, in Island gibt es eine gefühlte unendliche Anzahl von Wasserfälle. Nach Kontoführung habe ich während meinem zweiwöchigen Aufenthalt 23 verschiedene davon gesehen – und dabei sind nur die „Grösseren“ gezählt worden. Davon eine Auswahl zu treffen ist nicht ganz einfach; daher sind hier wohl einfach nur meine Lieblinge sowie die grossen Klassiker erwähnt.
Wie siehst Du es so? Welche Wasserfälle aus Island gefallen Dir besonders gut? Ich freue mich auf Deinen Kommentar!
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5 Antworten
que d’eau, que d’eau!! tes photos sont magnifiques: bravo! et les commentaires très plaisants et très intéressants à lire! ça me fait rêver! merci!
Eine sehr tolle Übersicht von Wasserfälle in Island! Island ist mein Lieblingsland für Wasserfälle. Dieses Jahr hatte ich eine Reise geplant, aber leider …
Mein Lieblingswasserfall ist Háifoss und Granni!!
Ich habe eine Website mit Wasserfällen und habe jetzt ungefähr 200 Wasserfälle in Island auf meiner Website: http://www.europeanwaterfalls.com/countries/iceland/ (Englisch).
Immer schön, Informationen von anderen zu lesen.
Hallo Olaf
Besten Dank für Deinen lieben Kommentar und Deinem sehr interessanten Link! Eine nette Zusammenstellung hast Du da.
Mein Lieblingswasserfall in Island ist wahrscheinlich der Bruarfoss mit seinen unglaublichen Farben….aber eine Auswahl zu treffen ist ganz schön schwierig. Auch für diesen Blogpost „nur“ 10 Wasserfälle auszuwählen fiel mir ziemlich schwer! :-)
Liebe Grüsse
Marc
Hi Marc,
es gibt wirklich eine riesige Auswahl an schönen Wasserfällen in Island. Einer meiner Favoriten ist der Kvernufoss ;-)
Viele Grüße
Christian
Ich wollte mich auf „nur“ 10 Wasserfälle beschränken, aber der Kvernufoss ist definitiv auch sehr sehenswert – das ist definitiv so… ;)
Auch nach einiger Zeit bleibt mein persönlicher Liebling der Bruarfoss…der ist unschlagbar fotogen.
Danke fürs Vorbeischauen!